Wednesday, March 28, 2007

Blaues Sofa

Gegen Mitternacht, nachdem ich schon mal 2 Stunden auf meinem roten Sofa vor der Glotze geschlafen habe, wurde ich munter und Thomas Brussig saß auf der Leipziger Messe auf dem "Blauen Sofa" und wurde zu seinem neuen Buch „Berliner Orgie“ interviewt. Er erzählte, wie er im Auftrag einer Zeitung, gegen ein Honorar die Puffs in Berlin studierte und dabei natürlich „nicht ans Äußerste ging“. Ging er dafür ins Innerste? Aber ja Thomas, ich glaube Dir, dass Du Deiner Frau treu geblieben bist und ich werde auch dieses Buch von Dir lesen, aber erst wenn ich es geschenkt bekomme oder als Paperback kaufen kann. Ingo Schulze stellte sein neues Buch „Handy“ vor. Ich kann zwar seine komische Lockerfrisur nicht leiden, aber seine Äußerungen konnte ich gut abnicken. Wir Ossis Jahrgang Anfang 60 waren uns mal wieder einig.
Nach Lisa Marklund, einer Dosis Frauenpower vom Feinsten aus Schweden, kam wieder Jahrgang 29 bis 40 zu Wort. Von Günter Grass und Wolf Biermann kam das Übliche. Ein Herr Götz W. Werner stellte sein Buch „Grundeinkommen für alle“ vor. Er will für jeden ein Grundeinkommen aus Steuermitteln zahlen und alle Steuern außer der Mehrwertsteuer abschaffen. Dadurch erwartet er einen Anstieg der privaten Initiative im Berufsleben, wenn die menschen sich dürch das Grundeinkommen sicherer fühlen. Das wäre kein Sozialismus, sagt er. Der Typ meint wohl, dass alle workaholic sind? Dann werden sich alle auf die faule Haut legen. Ich denke, dass auch wie vor 20 Jahren das Experiment einer Erziehung zur „Anpassung der individuellen Bedürfnisse an die gesellschaftlichen Erfordernisse“ scheitern würde. Also ich zumindest würde dann keine Bankgebäude in Karlsruhe mehr bauen, sondern mich nur noch mit wichtigen Dinge wie Kochen, Backen, Gartenarbeit, mit Freunden quatschen, Salsa tanzen usw. beschäftigen und auf keinen Fall sein Buch lesen. Da ziehe ich „Nachtsportler“ von Wigald Boning vor.

Fete

Meine 24 qm große Einliegerwohnung ist im Dachgeschoss eines 5-geschossigen Wohnhauses. Die Hausgemeinschaft hat zu einer kleinen Party für die neuen BewohnerInnen eingeladen. Außer mir gibt es einen 2 Wochen alten neuen Mitbewohner.
Als das Thema auf Ulrike Mohnhaupt kam, die wohl jetzt in Karlsruhe lebt, wollte ich wissen ob und wie sie sich an die RAF-Zeit erinnern konnten. Ich ging erstmal auf die Gegenfrage ein: Wieso, wie hast Du denn das erlebt? Erzählte von Tratsch aus Senftenberg über die untergetauchte Susanne Albrecht und dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie ein Wessi damals in der DDR unerkannt leben konnte, er müsste sich doch schon durch die Sprache und den unterschiedlichen Wortschatz verraten. Was stellte sie sich unter Popgymnastik vor? Stellte sie sich eine Stunde an, wenn es Bananen gab? Wusste sie z.B was ein Broiler ist? Darauf wurden ersteinmal die regional unterschiedlichen Bezeichnungen für Kartoffelgerichte zu diskutiert. Bevor ich zum hundertsten Mal klärte, wo man Ditscher oder Detscher, Kartoffelpuffer oder Reibekuchen sagt, wollte ich doch mal was von der RAF hören. T. erzählte dann auch, wie die Provinz Karlsruhe 1977 durch das Attentat auf Buback erschüttert wurde und plötzlich in den Medien war. Vorher war sie nur durch den Bundesgerichtshof und zeitweise die Fußballmannschaft im Fernsehen präsent. Die RAF war noch nicht mal insgeheim als Rächer der Armen und Waisen angesehen. Die individuelle Gewalt zum Teil gegenüber alten Bekannten der Eltern und Familie wurde eindeutig geächtet und als schwere Verletzung des Rechtsstaates angesehen. Da fiel mir wieder Axel ein, der nach lieber Alaska ausgewandert ist, nachdem er für seinen Vater Briefe ins Englische übersetzt hat und dabei mitbekommen hat, was für Schweinereien im Welttabakhandel laufen, an denen sich sein Vater und seine Kumpel beteiligten. Wäre er in der gleichen Situation 15 Jahre früher evtl. zur RAF gegangen? Seitdem steht für ihn fest, dass Akademiker und Titelträger nicht immer Gutmenschen sind. Ungefähr zur selben Zeit habe ich das weniger schmerzhaft von Otto Waalkes im Westfernsehen mitbekommen, der von Oberförster Putlich (der die Bäume in Nadel- und Fadenbäume unterteilt hat, eine Unterteilung, die heute noch ihre Gültigkeit hat, zumindest für Oberförster Putlich) sagt: „...eine bedeutende Persönlichkeit! ...aber im Grunde auch nur ein Arsch.“
Ich wollte meine neuen Mitbewohner nicht damit schockieren, dass ich früher in manchen Situationen sagte, heute manchmal noch denke: “ ...da könnte ich zum Terroristen werden!“ Den Satz habe ich mir vor 20 Jahren von Maria abgehört, einer Mutter von 4 kleinen Kindern, Christin und Frau von einem Pfarrersohn, der mit mir in die Schule ging und Chirurg wurde. T. hat gegen Mitternacht gestanden, dass er evtl. demnächst Falschparkern am Kinderspielplatz die Luft ablässt, da er seit er Vater ist, kein Verständnis dafür hat, dass die Polizei in der Nachbarschaft nicht mal eingreift und gleichgültig zusieht. Ist das der Einstieg in die Selbstjustiz und Übergang zum Terrorismus? Ich denke NEIN. Dank Meinungsfreiheit kann man das ja mal sagen, denn „Die Gedanken sind frei“
Liebe Mitbewohner, Danke für den schönen Abend, ich werde Euch demnächst mal zu Thüringer Rostbratwürsten an den Grill einladen.

Monday, March 26, 2007

Axel und Vamori

Das sind Axel und Vamori. An einem Samstag mitten in Erfurt haben wir sie im Dschungel aus gebührenpflichtigen Parkplätzen auf gebührenfreien Parkplätzen getroffen. Wir haben uns so darüber gefreut, dass wir zusammen am Anger im Strahl der untergehenden Sonne Latte Macchiato getrunken haben. Dabei erfuhren wir von Axel, dass er vor vielen Jahren aus Hamburg nach Alaska ausgewandert ist, dort Vamori kennen gelernt hat und mit ihr zusammen lebt. Im Winter kommen sie nach Deutschland und halten Vorträge an Schulen über Rassismus und die Natur in Alaska. Wir rutschten dabei mit unseren Stühlen mit der Sonne immer weiter. Als der Sonnenstrahl nur noch auf die Straßenbahnschiene schien, trennten wir uns. In Weimar waren sie aber noch nie. Also hben wir uns am Sonntag auf den Frauenplan zum Cappucchino wieder getroffen. Leider haben sie keinen gebührenfreien Parkplatz gefunden. Aber trotzdem würden sie gerne im nächsten Winter nach Weimar kommen.


Holzkirchen


Sonntag kam der Frühling wieder und Frank musste zurück nach Weimar fahren. Wir haben uns noch bei Würzburg Holzkirchen angesehen. Eigentlich wollte ich dort im Benediktushof eine Japanische Teezeremonie mitmachen. Die Idee ist mir aber erst am Samstag gekommen, leider war der Termin abgesagt worden, wegen geringer Teilnehmerzahl, hätten wir uns Freitag gemeldet, wäre die Sache gelaufen.


Ich bin mehrfach durch das Labyrinth und die japanisch angehauchten und alten Gärten gelaufen, Gunter hat uns die Räume gezeigt. Zur Zeit ist dort eine Ausstellung von einem japanischen Künstler Terada Rin. in Stühlen von Philippe Starck konnte man in der Sonne an der Cafeteria sitzen. War alles total interessant und schön. Wer noch mehr über den Benediktushof und seinen Leiter den von Ratzinger exklaustrierten "beurlaubten" Willigis Jäger wissen möchte, kann mal auf www.benediktushof-holzkirchen.de schauen.

Baden in Baden-Baden

Vor einer Woche war in Karlsruhe schönster Frühling, überall Magnolien in voller Blüte, in der Mittagspause saß ich im Schloßplatz in der Sonne. Mit Frank wollte ich in der letzten Woche bei diesem Wetter die Gegend auf dem Fahrrad erkunden, aber mit ihm kam nochmal Kälte, Schnee, Nässe. Außerdem mußte in meinem Baubüro die Heizung abgestellt werden, die Elektroheizung mußte ich mir mühsam besorgen. Erschwerend kam hinzu, dass die Abbruchfirma den Tefonanschluss zerstört hat. Irgendwann konnte ich das Büro von 10 auf 17 Grad endlich aufheizen. Nach 3 Tagen nerven, drängeln im T-Punkt hatte ich auch wieder Internet, Fax und Telefon. In meiner Wohnung ist auch noch meine Heizung ausgefallen.
Irgendwie hatten wir ein unendliches Bedürfnis nach Wellness. Also erkundeten wir die Bäder in der Umgebung. Es ist auch schonmal gut zu wissen, wo wir unsere Rente verjubeln können. In Baden-Baden haben wir gesehen, dass man erst ins Fürstenbad gehen kann und dann im Casino seinen Einsatz verzehnfachen könnte in Gesellschaft alter Schlagerstars, jetzt haben wir nochmal darauf verzichtet. Am nächsten Tag waren wir in Bad Wildbad und haben uns in der Meditatiossauna, dem Fürstenbad, der orientalischen Sauna, dem Herrenbad und Frauenbad aufgewärmt, zwischendurch in der maurischen Halle geruht, dann noch eine Seifenbürstenmassage genommen, Wasser-Shiatsu probiert. Als die Haut ganz dünn und schrumpelig war, sind wir wieder über den Schwarzwald durch die verschneite Landschaft, an Bad Herrenalb vorbei zurück nach Karlsruhe.

Sunday, March 11, 2007

ML

Ich bin ja der absolute Bahnfahrfan. Die Verspätungen die ich bisher erlebt habe, hielten sich noch in Grenzen. Am Anfang meiner Pendelei nach Darmstadt hatte ich noch öfters Montag früh Verspätungen wegen Personenschäden, bis es keine Montagsselbstmörder mehr gab. Verspätungen hatte ich bis max. 45 Minuten. Ab 30 Minuten gab es immer einen Gutschein für 10 Euro. Der halbe Fahrpreis war damit wieder drin. Aber letzte Woche hatte ich gleich zweimal Verspätung und damit meinen Anschluss in Frankfurt Flughafen knapp verpasst, mein Vertrauen in die Bahn wurde leicht erschüttert. Am Bahnhof Frankfurt Flughafen warten die Züge nicht auf ihren Anschluss. Ich hoffte, dass das nicht die Regel wird. Heute habe ich es wieder riskiert eine Verbindung über den Flughafen zu wählen. Diesmal flutschte alles. Der Zug von Karlsruhe war pünktlich, ich bekam einen schönen Sitzplatz und in Frankfurt wartete mein Anschlusszug gleich gegenüber. Es gab noch einige freie Gangplätze, die zwar mit Taschen und Jacken belegt waren und auf den Fensterplätzen saßen dickliche mittelalterliche Herren. Ich wählte einen Fensterplatz, auf dem Gangplatz saß ein unscheinbarer junger Typ. Ihm sagte ich, dass ich mich auf den Fensterplatz sitzen will. Er nahm etwas widerwillig seine Sachen, setzte sich selbst auf den Fensterplatz und überließ mir den Gangplatz, auch gut. Ich zog mich noch mal kurz aus den Großraumwagen in den Vorraum zurück um Kupi per Handy meine Ankunft und Wagennummer durchzugeben. Dann vertiefte ich mich in mein Buch und freute mich auf 3 Stunden Lesezeit. Mein Sitznachbar musste noch ein Telefonat erledigen und einen ML für 44.000 verkaufen, was auch immer das ist. Dann rief er noch einen Kumpel an und erzählte ihm, dass er jetzt nach Dresden fährt und bei einem Journalisten einen ML abholt. Den rief er dann auch noch an um einen Treffpunkt auszumachen. Zwischendurch fuhren wir durch Tunnel und er versuchte die schlechte Verbindung durch lautes Schreien zu kompensieren. Am Tunnelausgang testete er dann mit lautem HalloHallo ob sein Gesprächspartner noch dran ist. Okay, das hört bestimmt bald auf. So viel ich weiß, gibt es noch keine Handyflatrate, irgendwann wird er an seine Telefonkosten denken. Und so viele ML hat er bestimmt auch nicht zu verkaufen, dachte ich. Aber es kam anders. Er holte aus seinem Rucksack einen Stapel Computerausdrucke und auf jeder Seite war ein ML mit Foto, detaillierten Angaben zur Ausstattung, Zustand, Kilometerstand und Preisangabe. Ab jetzt wusste ich auch, dass ein ML ein Mercedes ist. Ich erfuhr auch, dass mein Sitznachbar Herr Merkel heißt, einige Telefonate führte er in einer Sprache, die ich nicht erkannte. Er ging die Blätter von oben durch und rief jeden Anbieter an und fragte ob die Karre noch zur Verfügung stand, prüfte noch mal die Angaben und handelte den Preis runter, ließ sich den ML reservieren, rief dann einen Käufer, dem er den ML für 4.000 € mehr anbot, ließ ihm 30 Minuten zur Entscheidung. Wie bitte? In einer halben Stunde will er immernoch telefonieren. Langsam nervte es. Leider gab es keine freien Plätze mehr. In Fulda hat sich Zug restlos gefüllt. Einige die um mich rum saßen stöhnten auch schon oder lächelten mich solidarisch an. Das gab mir Mut ihn zu fragen, ob ihm klar ist, dass es nervt. Offensichtlich wusste er das und war auch schon auf die passende Antwort vorbereitet. Jetzt platzte aus ihm heraus, dass das hier schließlich keine Ruheraum ist und er mich schließlich nicht gebeten hat sich neben mich zu setzen und er lässt sich nicht den Mund verbieten. Das war die Wutprobe ( "Die Wutprobe" ist einer der lustigsten Filme, die ich in letzter Zeit gesehen, mit Jack Nicholson als Psychotherapeut)! Ich bot ihm noch an, dass er in das Mutter-Kind-Abteil gehen kann, das ist leer. Er meinte, dass ich ja dorthin gehen kann. Darauf rief eine Frau eine Reihe hinter mir „Malaka“ oder so, was ihn erschrak und er richtete sich plötzlich auf und wollte sehen, woher das kam. Aber gleich klein beigeben wollte er nicht. Ungefähr 3 Telefonate probierte er noch, ich freute mich über jeden Tunnel und jedes Funkloch. Endlich packte er seine Computerausdrucke in den Rucksack, den er fest auf seinem Schoß hielt und versuchte eine Computerzeitung zu lesen. So richtig konzentrieren konnte er sich aber auch nicht. Dann wollte er noch eine Colaflasche öffnen, als ein Anruf kam. Die Colaflasche wollte er auf den Ablagetisch stellen, den er aber nicht runterbekam, weil sein Rucksack so prallvoll war, wahrscheinlich waren die Geldbündel für mindestens 3 ML darin.
Was macht man mit so einem Typen als Sitznachbar am besten? Sollte man das einfach ertragen, auf sein Bedürfnis im Zug zu Lesen verzichten? Oder mithandeln? Ich habe mich ja dann auch für seine ML's interessiert und die Ausdrucke mitgelesen. Das hat ihm aber auch nicht gepaßt, er sah mich ganz böse an und wollte offensichtlich, dass ich wegsehe. Ich habe ihn dann noch vorsichtig gefragt, ob ich an ihm vorbei aus dem Fenster schauen darf. so richtig einverstanden war er damit auch nicht.
Ich habe dann lieber die Frau gefragt, ob sie mit mir einen Kaffee trinken möchte. Ich hätte mich so für die moralische Unterstützung bedanken können. Leider wollte sie gleich in Eisenach aussteigen. Sie erklärte mir noch, dass sie auf griechisch das schlimmste Wort sagte, was man einem griechischen Mann sagen kann. Erzählte mir noch, dass sie vor Kurzem in Mexiko das Haus von Frida Kahlo besucht hat, von den Farben so beeindruckt ist und nun ein Haus in Trusetal renoviert. Das wäre viel interessanter gewesen.

Thursday, March 08, 2007

Mond und Venus

Seit einem Monat habe ich einen neuen Job in Karlsruhe, einen neuen Nebenwohnsitz und seit ein paar Tagen eine neue Handynummer. Ich "tchiboniere" jetzt. Das ist nach meinen umfangreichen Recherchen in fast allen Geschäftsstellen der Telefonanbieter auf der Kaiserstrasse die preisgünstigste Variante Leute stundenlang zu belästigen, die noch einen Festnetzanschluss haben. Ihr könnt mich gerne unter der 0176-43031574 anrufen, ich rufe zurück.
Wenn ich letztes Wochenende in Karlsruhe geblieben wäre, hätte ich von der obersten frisch betonierten Decke auf meiner Baustelle diesen Blick gehabt.


Da ich aber eine BahnCard 100 habe und schon die ganze Woche einsame Abende in Karlsruhe verbracht habe, bin ich wie jedes Wochenende nach Weimar gefahren. Ab jetzt werde ich abends für Euch in diesen Blog schreiben.